Partizipation und Selbstorganisation wohnungsloser Menschen sind Themen, die in vielen fachpolitischen Debatten der Wohnungslosenhilfe von Bedeutung sind. Wachsende Bedeutung hat die Thematik vor allem seit Mitte der 1960 im Rahmen einer zunehmenden Demokratisierung der Gesellschaft und damit auch der Sozialen Arbeit gewonnen, die sowohl in rechtlicher wie auch in sozialarbeiterischer Hinsicht zu einer stärkeren Emanzipation der Adressatinnen Sozialer Arbeit von fürsorgerischen Objekten der Hilfen hin zu eigenverantwortlichen Subjekten geführt hat.
Im Rahmen dieser Entwicklung hat sich das Verhältnis mündiger BürgerInnen zu staatlichen und auch nicht-staatlichen Sozialleistungsinstitutionen und damit auch die Beziehungen von SozialarbeiterInnen zu den AdressatInnen von Hilfen maßgeblich verändert, so dass die AdressatInnen von Hilfen verstärkt in die Gestaltung von Entscheidungsprozessen bei der Gewährung sozialer Leistungen einbezogen werden und Einfluss auf die Gestaltung von Arrangements, Hilfesettings und auch Einrichtungen der Sozialen Arbeit gewinnen. Partizipation stellt damit ein durchgängiges Arbeits- bzw. Organisationsprinzip in der Sozialen Arbeit dar. Seine kontinuierliche Umsetzung bedarf jedoch einer dauerhaften Verankerung im Hilfesystem und setzt das Vorhandensein einer entsprechenden positiven Haltung gegenüber Partizipation auf der Ebene der Träger wie auch in den Einrichtungen und Diensten voraus.
Die BAG Wohnungslosenhilfe hat diesem Umstand unter anderem in ihrem Grundsatzprogramm Rechnung getragen, in dem es im Hinblick auf das Selbstverständnis und die Grundsätze der Wohnungslosenhilfe heißt: „In der demokratischen Gesellschaft gibt es keine Alleinzuständigkeit der professionellen Helfer. Wir begrüßen und unterstützen den Aufbau der Selbstorganisation und Interessenvertretung der wohnungslosen und sozial ausgegrenzten Menschen. Wir setzen uns für ein kooperatives Zusammenwirken von Professionellen und Betroffenenvertretern auf allen Ebenen ein.“
In den letzten Jahren haben sich auch die Möglichkeiten zur Partizipation von Wohnungslosigkeit betroffener Menschen verbessert, doch noch immer sind nicht alle Forderungen nach einer Schaffung umfassender Voraussetzungen für eine Beteiligung wohnungsloser und sozial ausgegrenzter Menschen im Hilfesystem vollständig verwirklicht. Weiterhin behindern vielfältige strukturelle Hürden, aber auch Vorbehalte gegenüber einer stärkeren Beteiligung von Betroffenen die Umsetzung entsprechender Ansätze in der Hilfepraxis und viele Forderungen müssen noch mit konkreten Inhalten gefüllt werden. Daran anknüpfend will die BAG Wohnungslosenhilfe mit dieser Empfehlung Hilfestellungen geben bei der Umsetzung entsprechender Ansätze zur Förderung und Unterstützung von Partizipation in der Praxis der Wohnungslosenhilfe.