herausgegeben von Rolf Jordan
Unter dem Titel „… und ohne Wohnung ist alles nichts!“ haben sich vom 15. bis 17. November 2017 knapp 900 Mitwirkende und Teilnehmende zur Bundestagung der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. in Berlin zusammengefunden, um aktuelle Fragen der Wohnungsnotfallhilfe zu diskutieren.
Wohnraum schaffen und erhalten
Die Exklusion aus dem Wohnungsmarkt ist für eine wachsende Zahl von Menschen in Deutschland extrem folgenreich und dabei auf vielfältige Weise mit anderen Dimensionen sozialer Ausgrenzung verflochten: Niedrige Bildungsqualifikation und fehlende Schulabschlüsse und Berufsausbildung gehen einher mit Einkommensarmut und (Langzeit-) Arbeitslosigkeit. Nicht selten sind selbst Rechte auf Transferleistungen und der Zugang zu medizinischer Versorgung nicht oder nur unzureichend realisiert. Hinzu kommen oftmals vielfältige Gewalterfahrungen, instabile oder gänzlich fehlende familiäre, partnerschaftliche und soziale Netzwerke sind eine schwere Hypothek, genauso wie fehlende Möglichkeiten und Chancen des Zusammenlebens mit den eigenen Kindern. Diese und weitere Dimensionen der Exklusion befördern und begründen auf je unterschiedliche Weise und in individuell unterschiedlichem Ausmaß Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit.
Es ist daher unabdingbar, dass Menschen in einer Wohnungsnotfallsituation auch Hilfen zur Überwindung der sozialen Ausgrenzung in anderen Lebensbereichen erhalten, um die Ursachen von Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit zu überwinden. Zugleich ist dies ohne eigene Wohnung kaum möglich, denn das Leben in Wohnungslosigkeit oder in einem vom Verlust bedrohten Wohnverhältnis ist oft zugleich Ursache weiterer Formen sozialer Ausgrenzung.
Hierzu bedarf es der Schaffung bezahlbaren Wohnraums ebenso wie der Entwicklung von Mechanismen und Ansätzen, um wohnungslosen Menschen den Zugang zur eigenen Wohnung zu ermöglichen. Darüber hinaus sind gerade in Zeiten fehlenden bezahlbaren Wohnraums Präventionsanstrengungen unverzichtbar. Denn wer in dieser Situation die Wohnung verliert, wird für lange Zeit ohne eigene Wohnung bleiben und verloren gegangener Wohnraum wird mit großer Wahrscheinlichkeit auch als bezahlbarer Wohnraum abzuschreiben sein.
Aus diesem Grund hat sich die Tagung zentral mit den Themen Wohnen, Wohnungspolitik, Wohnraumbeschaffung, Prävention, nachhaltige Wohnungssicherung und Wohn- und Unterbringungsstandards auseinandergesetzt.
Notversorgung menschenwürdig gestalten
Gleichzeitig bedarf es eines menschenwürdigen Notversorgungssystems. Gerade wenn trotz aller Bemühungen ein Verlust der Wohnung nicht verhindert werden kann, muss neben sozialen Hilfen – in einer individuell passenden Hilfeumgebung – zur Wiedererlangung einer eigenen Wohnung ein menschenwürdiges Notversorgungssystem bereitgestellt werden, das durch beratende Angebote eine zügige Vermittlung von der ordnungsrechtlichen Unterbringung in eine eigene Wohnung und zu weiterführenden Hilfen garantiert.
Weitere wichtige Themen
Neben diesen Leitthemen wurden in den Veranstaltungen der Bundestagung 2017 weitere Themen und Problemstellungen der Hilfen im Wohnungsnotfall umfassend und fundiert aufgegriffen und diskutiert – etwa zur gesundheitlichen Versorgung wohnungsloser Menschen, zu Gewalt gegen Wohnungslose, zu Frauen in einer Wohnungsnotfallsituation, zu wohnungslosen jungen Erwachsenen und zur Beteiligung wohnungsloser und ehemals wohnungsloser Menschen im Hilfesystem.
Präsentiert und diskutiert wurde eine Vielzahl innovativer Methoden der sozialen Arbeit in der Wohnungslosenhilfe, die mit Praxisbeispielen konkrete Anregungen und Hilfestellungen für die eigene Arbeit geben und das Ziel hatten, den Austausch innerhalb des Hilfefeldes und mit dessen Schnittstellen zu benachbarten Hilfefeldern zu befördern.
Die vorliegende Veröffentlichung dokumentiert eine Reihe der Vorträge dieser Bundestagung und soll zur weiteren Auseinandersetzung mit den vielfältigen Themen und Problemstellungen der Tagung einladen.