Karl-Heinz Ruder
Rechtsgutachten aus Anlass der Bundestagung der BAG Wohnungslosenhilfe e.V. in Berlin vom 9. – 11. November 2015 „Solidarität statt Konkurrenz – entschlossen handeln gegen Wohnungslosigkeit und Armut“
Wohnungslose Menschen haben ein Recht darauf, von der Kommune, in der sie sich aktuell und tatsächlich aufhalten, mit einer Notunterkunft nach Ordnungsrecht versorgt zu werden. Dabei ist es unerheblich, wie lange sich die Betroffenen bereits in der Kommune aufhalten. Regelungen, die eine Mindestaufenthaltsdauer in einer Kommune vorsehen, sind nicht rechtens.
In der Praxis erfüllten einige Kommunen diese Pflichtaufgabe nicht oder nur unzureichend. Deswegen hat die BAG W ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, das die Rechtslage nochmals eindeutig darlegt. Obdachlosigkeit gefährdet die grundgesetzlich geschützten Individualrechte wie das Recht auf Leben, auf Gesundheit, auf körperliche Unversehrtheit und auf Menschenwürde. Deswegen hat jede Gemeinde den unabweislichen Auftrag, diese Grundrechte zu schützen und entsprechende Gefahren abwehrende Maßnahmen zu ergreifen. Dies sehen die Polizei-, Sicherheits- und Ordnungsgesetze aller Bundesländer vor. Da wir hier über den Schutz grundlegender Menschenrechte sprechen, besteht der Anspruch auf ordnungsrechtliche Unterbringung unabhängig von der Nationalität und dem Aufenthaltsstatus der Betroffenen.
So wird in dem Gutachten eindeutig festgestellt, dass einem obdachlosen EU-Migranten zwar eine Rückfahrkarte ins Heimatland angeboten werden kann. Die Annahme ist aber freiwillig, d. h. die Gemeinde kann die Person nicht zwingen, dieses Angebot anzunehmen oder damit drohen, dass im Falle der Nichtannahme des Rückreiseangebots der Unterbringungsanspruch verloren geht.
Heft 64 – Reihe Materialien zur Wohnungslosenhilfe
Berlin, BAG W-Verlag, Verlag der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V., 2015
(vormals VSH Verlag Soziale Hilfe GmbH)
ISBN 978-3-922526-81-0, 65 Seiten, (zum Download)