Der Bund muss mehr Verantwortung für eine soziale Wohnungspolitik übernehmen
Die BAG Wohnungslosenhilfe kritisiert, dass die Bundesmittel für den sozialen Wohnungsbau in 2020 und 2021 mit jeweils 1 Mrd. € niedriger angesetzt sind als in den Vorjahren.
Rosenke: „Benötigt werden pro Jahr 80.000 bis 100.000 neue Sozialwohnungen und weitere 100.000 bezahlbare Wohnungen. Die Bundesregierung hatte sich im Koalitionsvertrag das Ziel von 375.000 neuen Wohnungen pro Jahr gesetzt. Neu gebaut wurden im Jahr 2017 aber nur 285.000 Wohnungen, darunter lediglich 27.000 Sozialwohnungen. Damit wird nicht einmal der Teil der Wohnungen, der aus der Sozialbindung fällt, ausgeglichen.“
Endlich das Aus für Sanktionen bei den Kosten der Unterkunft
Rosenke: „Wir begrüßen ausdrücklich das Urteil des Bundesverfassungsgerichts: Das Gericht hat Sanktionen für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt soweit die Leistungsminderung 30% des Regelbedarfs übersteigt oder zu einem vollständigen Wegfall der Leistungen führt. Somit kann es zukünftig keine Sanktionen mehr bei den Kosten der Unterkunft geben. Damit wäre endlich eine unserer langjährigen Forderungen erfüllt. Da für Bürgerinnen und Bürger unter 25 Jahren keine anderen grundgesetzlichen Rechte gelten können, müssen für die U25-Jährigen die besonders harten Sanktionsregeln und die Sanktionierungen bei den KdU ab sofort der Vergangenheit angehören. Hier erhoffen und erwarten wir eine zügige gesetzliche Umsetzung des Richterspruchs.“
Prävention verstärken
Die aktuellen Wohnungslosenzahlen machen intensivere Anstrengungen zur Vermeidung von Wohnungsverlusten noch dringlicher.
Rosenke: „Auch bei der Prävention hat der Bund Regelungskompetenz, die er unserer Meinung nach wahrnehmen muss: Bei der Mietschuldenübernahme im SGB II sollte wie im SGB XII eine Leistungsgewährung als Beihilfe vorgesehen werden.
Darüber hinaus muss durch den Gesetzgeber dringend klargestellt werden, dass bei einer Mietschuldenbefriedigung nicht nur die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses, sondern auch die ggf. hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung geheilt ist.“
„In jede Kommune und jeden Landkreis gehört eine Fachstelle zur Verhinderung von Wohnungsverlusten“, erklärte Karin Kühn, die Vorsitzende der BAG W. „Die Kompetenzen zum schnellen Handeln bei gefährdeten Mietverhältnissen müssen an einer Stelle gebündelt und die Fachstelle muss für alle betroffenen Haushalte zuständig sein. Die freigemeinnützigen Träger der Wohnungslosenhilfe werden sich mit ihrer großen Kompetenz in der aufsuchenden Arbeit und in der Beratung und Begleitung von Menschen in besonders schwierigen Lebenslagen in die Präventionsanstrengungen vor Ort einbringen.
Um Wohnungslosigkeit erst gar nicht entstehen zu lassen, sollten die Unternehmen der Wohnungswirtschaft und insb. auch die privaten Kleinvermieter bei ersten Anzeichen eines gefährdeten Mietverhältnisses kompetente Ansprechpartner in der Kommune und bei den freien Trägern der Wohnungsnotfallhilfe finden, die dann frühzeitig intervenieren können, um den Wohnungsverlust abzuwenden. Eine frühzeitige aufsuchende Kontaktaufnahme zu dem betroffenen Haushalt bietet die beste Chance, Wohnungslosigkeit zu verhindern.“
Wohnungen für Wohnungslose
Karin Kühn: „Wir als Wohnungslosenhilfe wissen: Bezahlbarer Wohnraum ist zwar Voraussetzung für die Bekämpfung von Wohnungslosigkeit, aber nicht ausreichend, denn wohnungslose Menschen werden oft stigmatisiert und besonders ausgegrenzt. Deshalb appellieren wir an die Kommunen, alle zur Verfügung stehenden Instrumente, Maßnahmen und Möglichkeiten auszuschöpfen, um wohnungslose Menschen mit eigenen Wohnungen zu versorgen. Machbar sind Bindungen und Quotierungen im Sozialwohnungsbestand für vordringlich Wohnungssuchende, so dass auch wohnungslose Menschen mit Wohnraum versorgt werden können. Aber auch die gezielte Akquirierung von Wohnungsbeständen bei privaten Vermietern und der Wohnungswirtschaft sind eine vordringliche Aufgabe. Sog. Gewährleistungsverträge zwischen Kommunen und Vermietern und andere positive Anreize sind bereits erfolgreich in der Praxis erprobt.
Zusätzliche Wohnungen für Wohnungslose lassen sich auch dadurch erschließen, dass die Richtwerte für die Kosten der Unterkunft (KdU) bei wohnungslosen Haushalten deutlich überschritten werden können.“
Menschenwürdige Notversorgung
Karin Kühn: „Wenn trotz aller Bemühungen ein Wohnungsverlust nicht verhindert werden kann, müssen in ausreichender Zahl menschenwürdige ordnungsrechtliche Unterbringungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, mit Beratungs- und Unterstützungsangeboten zur schnellstmöglichen Wiedererlangung einer eigenen Wohnung. Die ordnungsrechtliche Unterbringung muss unabhängig von sozialhilferechtlichen Ansprüchen, Staatsangehörigkeit und aufenthaltsrechtlichen Status erfolgen.“