Corona und die Auswirkungen auf Menschen in Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit und auf das Hilfesystem

Fachaustausch zu den Erfahrungen, aktuellen Auswirkungen und Handlungsbedarfen

Digitale Konferenz – 26. November 2020, 13.00-17.00 Uhr / 27. November 2020, 9.00-13.00 Uhr

Die aktuelle CORONA-Krise bedeutet für wohnungslose Menschen eine dramatische Verschlechterung ihrer ohnehin prekären Lebenslage. Frühzeitig hat die BAG W eine Umfrage unter ihren Mitgliedern und Mitgliedseinrichtungen gestartet, um qualifizierte Informationen zu den Auswirkungen vor Ort zu erlangen und diese dem Hilfesystem zur Verfügung zu stellen. Den Rückmeldungen zufolge kam es bei den Einrichtungen und Hilfen zu gravierenden Veränderungen in den Angeboten und Platzkapazitäten. Beratungsstellen mussten ihr Angebot zurückfahren, niedrigschwellige Hilfen wie Tagestreffs, Mittagstische, Kleiderkammern etc. konnten nur sehr reduziert die benötigte Unterstützung anbieten. Auch die medizinischen Versorgungsangebote arbeiteten nur im Notbetrieb. In einzelnen Bundesländern wurde zunächst ein Aufnahmestopp für stationäre Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe verhängt. Es gab Empfehlungen, Personen nur bei Vorliegen eines negativen Coronatests aufzunehmen. In ordnungsrechtlicher Unterbringung und in Notübernachtungen sind wohnungslose Menschen – trotz der Bemühung von Kommunen, die Belegungssituation in den Unterbringungen zu „entzerren“ – nach wie vor in Mehrbettzimmern untergebracht. Die Ergebnisse zeigen, dass in Politik und Verwaltung zunächst weder die Lebensrealität der von Wohnungslosigkeit betroffenen oder bedrohten Menschen noch die Arbeitsbedingungen der Hilfen im Wohnungsnotfall als handlungsrelevant erkannt wurden. Unzureichende Steuerung und Informationsweitergabe durch die Gesundheitsdienste sorgten für weitere Verunsicherung.

In der Phase einer „Neuen Normalität“ wurden flächendeckend Hygiene- und Schutzkonzepte bei uneinheitlichen Standards umgesetzt, die Angebote sind in veränderter Form wieder aufgenommen worden und die „Entzerrung“ erscheint nach lokalen Erfahrungen als eine Chance. Doch die jüngsten Entwicklungen zeigen: Die Zeiten bleiben unsicher und es entwickeln sich immer wieder neue Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Es herrscht weiterhin große Sorge um die Betroffenen sowie um die Mitarbeitenden und daran gekoppelt um die Existenz der Einrichtungen.

Mit der zweitägigen Tagung bietet die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. ein Forum zum fachlichen Austausch. Gemeinsam werden wir die notwendigen Bedingungen für eine zukünftig krisenfestere Wohnungslosenhilfe erläutern. Wir wollen ihre Bedeutung in Krisenzeiten unterstreichen und die Systemrelevanz der Wohnungslosenhilfe dokumentieren. Wir wenden uns mit dieser Tagung an die Mitarbeitenden der freiverbandlichen und kommunalen Wohnungsnotfallhilfen, der Jobcenter, an die ExpertInnen in Politik, Verbänden, Wissenschaft, Bundesagentur und Ministerien. Wir freuen uns auf Ihre Beteiligung!

Werena Rosenke
(Geschäftsführerin BAG W)

Dokumentation

Begrüßung und Eröffnung der Tagung
Susanne Hahmann, Vorsitzende, BAG Wohnungslosenhilfe e.V., Köln

Vortrag: Vom Lockdown zur neuen Normalität – eine erste Bestandsanalyse. Was hat die Krise gezeigt?
Werena Rosenke, Geschäftsführerin, BAG W, Berlin

Vortrag: Brennpunkt: Ordnungsrechtliche Unterbringung vor und während der Pandemie. Was folgt daraus für die Zukunft?
Michael Braun, Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales, Berlin

Eine „Neue Normalität“ – Arbeiten unter geänderten Bedingungen
Am Beispiel Hamburg
Maren Siewert, Einrichtungsleiterin Jakob-Junker-Haus, Die Heilsarmee i.D. KdöR, Hamburg
Am Beispiel Limburg
Harry Fenzl, Fachdienstleitung, Caritas Wohnungslosenhilfe, Caritasverband für den Bezirk Limburg e.V., Limburg

Vortrag: Brennpunkt: Hilfen im Wohnungsnotfall – im toten Winkel der Systemrelevanz?
Gabriele Kraft, Referentin, Diakonisches Werk der evangelischen Kirche in Württemberg e.V., Stuttgart

Vortrag: Arbeiten im Ausnahmezustand?! Empirische Trends
Prof. Dr. Nikolaus Meyer, Hochschule Fulda Fachbereich Sozialwesen, Fulda

Arbeitsgruppen: Hilfen im Wohnungsnotfall in Zukunft krisenfester

  • AG 1 Prävention und Beratung
  • AG 2 Grundversorgung und aufsuchende Arbeit
  • AG 3 Wohnangebote (ambulant, begleitend, stationär)
  • AG 4 Notversorgung und ordnungsrechtliche Unterbringung

Abschlusspodium mit Diskussion: Ein Sofortprogramm 2.0. – Was muss auf den Krisenmodus folgen?
Mit: Susanne Hahmann, Daniela Keeß, Stefan Kunz, Werena Rosenke und Andreas Sonnenberg

Ausblick mit Handlungsschritten, Schlussworte
Susanne Hahmann, Vorsitzende der BAG W, Köln