Housing First, Versorgung schwer vermittelbarer Wohnungsloser mit Normalwohnraum, Tiny Houses – das sind die Themen dieser Ausgabe.
Das Konzept „Housing First“ ist in zwei Ausgaben des Jahrgangs 2017 der wohnungslos (Heft 01/17 und Heft 02/03-17) umfassend dargestellt worden. In dieser Ausgabe legt Thomas Specht einen Strukturvergleich der Hilfeansätze „Housing First“ und „Ambulante Hilfe in Wohnungen“ vor. Specht vergleicht die programmatischen Grundprinzipien, die Umsetzungsstrategien sowie die tatsächliche Implementierung der Ansätze. Seine These: „Der Ansatz „Ambulante Hilfe in Wohnungen“ in Deutschland war das „Housing First“ der ersten Stunde in Europa und ist lange vor dem amerikanischen Ansatz entstanden.“
Nora Sellners Beitrag ist ein Erfahrungsbericht zur Realisierung von Housing First in den USA mit wichtigen Erkenntnissen auch für die Praxis in Deutschland: Bevor das „Housing“ bzw. das Wohnen realisiert werden kann, muss eine intensive Beziehungs- und Motivationsarbeit mit den wohnungslosen Menschen stattfinden, wobei der Erfolg nicht sicher vorhergesehen werden kann. Ihr Fazit: „Housing First“ ignoriert diesen Beginn des Hilfeprozesses und lässt dadurch fehlerhafte Interpretationen zu. Sellner: „Richtigerweise müsste es daher heißen: Engagement and Documents First – Housing Second!“
In Heft 04/2017 der wohnungslos ist die Empfehlung der BAG Wohnungslosenhilfe „Bezahlbaren Wohnraum schaffen, Wohnraum für wohnungslose Menschen akquirieren“ dokumentiert worden. Darin heißt es u. a., dass die KlientInnen „Mietverträge erhalten [sollten], die ihnen den gesetzlichen Mieterschutz garantieren“. In der Empfehlung wird darüber hinaus festgehalten, dass es keine Koppelung des Mietvertrages an die Annahme einer persönlichen Hilfe geben solle. Mit dem Projekt „wohnenPlus“ beschreiben Ekke-Ulf Ruhstrat und Axel Steffen ein insgesamt erfolgreiches Modellprojekt zur Versorgung schwer vermittelbarer Wohnungsloser mit Normalwohnraum, zu dessen Eckpunkten die Überlassung von Wohnungen an wohnungslose Haushalte per Nutzungsvertrag, der erst nach zwölf Monaten in ein reguläres Mietverhältnis überführt wird, sowie ein verpfl ichtend einzugehender Betreuungsvertrag gehören.
Paul Neupert setzt sich mit der Diskussion um „Tiny Houses“ auseinander. Er stellt das Konzept der „Tiny Houses“ vor, beschreibt mit dieser Wohnform verbundene Probleme. Schließlich kommt er zu einer kritischen Bewertung: „Tiny Houses – eine Scheinlösung für Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit.“
Ich hoffe, dass mit dieser Ausgabe der wohnungslos die Fachdebatte um Konzepte und Hilfeansätze zur Versorgung wohnungsloser Menschen mit eigenem Wohnraum befördert werden kann.
Werena Rosenke
Schriftleitung wohnungslos