9-Euro-Ticket – großer Nutzen für wohnungslose Menschen
Weiterhin hoher Bedarf
Damit auch wohnungslose Menschen durch das 9-Euro-Ticket in ihrem Alltag entlastet werden, startete die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. (BAG W) am 25. Mai die Spendenkampagne „1.111 Plus X 9-Euro-Tickets für wohnungslose Menschen“. Bislang konnten 1.111 Plus 318 Tickets – also insgesamt 1.429 kostenlose 9-Euro-Tickets wohnungslosen Menschen zur Verfügung gestellt werden (Stand 27.06.2022).
Werena Rosenke, Geschäftsführerin der BAG W: „Wir bedanken uns bei allen Spender:innen. Aber wir wissen alle: 1.429 kostenlose 9-Euro-Tickets sind nicht genug. Uns liegen sehr viele Anfragen von Diensten und Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe vor. Damit wohnungslose Menschen auch in den kommenden beiden Monaten von dem 9-Euro-Ticket profitieren, hoffen wir auf zahlreiche weitere Spenden!“
Großer Nutzen, hoher Bedarf
Für wohnungslose Menschen ist das 9-Euro-Ticket eine große Erleichterung im Alltag. Patrick R., Bewohner des Bruder-Konrad-Hauses Saarbrücken berichtet etwa: „Mit Freude und großer Dankbarkeit habe ich das 9-Euro-Ticket der BAG W seitens des Bruder-Konrad-Hauses Saarbrücken erhalten. Allgemein bin ich von der Aktion sehr angetan, da sie es zum einen ermöglicht, dass auch wohnungslose Menschen, wie ich, die Möglichkeit erhalten, den öffentlichen Personennah- und Fernverkehr zu nutzen. Zum anderen ermöglicht das 9-Euro-Ticket, die eh schon stark belastete Umwelt etwas zu schonen.Ich für meinen Teil würde mir wünschen, dass das 9-Euro-Ticket nicht nur als temporäre Option angeboten, sondern darüber hinaus fest etabliert wird.“
Zudem können wohnungslose Menschen mit dem 9-Euro-Ticket die Angebote der Wohnungsnotfallhilfe wie Tagestreffs, Notschlafstellen oder medizinische Projekte, aber auch Behörden besser erreichen. Auch ein Besuch bei Freund:innen und Familien in anderen Städten ist jetzt möglich.
Tickets zu Normalpreisen oder auch Sozialtickets sind für wohnungslose Menschen oft unerschwinglich, deswegen müssen sich viele dem Risiko des Fahrens ohne Fahrschein aussetzen. Das 9-Euro-Ticket lindert zumindest kurzfristig während der drei Monate die Gefahr von Ersatzfreiheitsstrafen wegen sog. „Beförderungserschleichung“ aufgrund Fahrens ohne Fahrschein. Jedes Jahr „verbüßen“ jährlich schätzungsweise bis zu 2.000 wohnungslose Menschen Ersatzfreiheitsstrafen wegen Fahrens ohne Fahrschein im öffentlichen Nahverkehr.
9-Euro-Ticket fest etablieren
Werena Rosenke: „Schon nach dem ersten Monat können wir sagen: Das 9-€-Ticket hat sich auch für wohnungslose Menschen sehr bewährt. Ein großer Teil der wohnungslosen Menschen bezieht nicht einmal Transferleistungen wie das Arbeitslosengeld II.Auch nach den drei Monaten, in denen das 9-Euro-Ticket gilt, wünschen sich wohnungslose Menschen eine kostengünstige dauerhafte Lösung für die Nutzung des ÖPNV. Deshalb sollte das 9-Euro-Ticket nicht auf drei Monate beschränkt, sondern dringend fortgeführt werden.“
Gültiges 9-Euro-Ticket, aber keine Ausweispapiere? – Innovative Kulanzregeln sind gefordert
Das Ticket ist ein persönlicher Fahrschein. Doch nicht alle wohnungslosen Menschen verfügen über gültige Ausweispapiere oder führen diese nicht ständig bei sich. Inzwischen sind aber auch dafür vor Ort innovative Kulanzregelungen getroffen worden. Der Caritasverband Hannover e.V berichtet von „Problemen, da einer der Begünstigten keine Ausweismöglichkeit hat. Wir hoffen nun, dass wir das Problem mit einer Bescheinigung aus unserem Tagestreff gelöst haben.“
Auch in Dresden konnte, wie von der BAG W empfohlen, durch Gespräche zwischen Einrichtungen und Diensten der Wohnungsnotfallhilfe mit dem Verkehrsverbund Oberelbe (VVO), eine Lösung gefunden werden. Um eine problemlose Anerkennung ohne Personaldokumente zu ermöglichen, bietet der VVO an, für die betroffenen Personen Kundenkarten auszustellen, wie diese z.B. auch bei Schülerkarten zum Einsatz kommen. Diese sind mit Namen und Foto versehen und werden durch den VVO abgestempelt. Sie werden zeitlich bis zum 31.8. befristet ausgestellt.
In Berlin ist eine entsprechende Kulanzregelung in Form einer separaten Arbeitsanweisung zwischen Senatsverwaltung und BVG sowie der S-Bahn Berlin gefunden worden. Wenn Personen ohne festen Wohnsitz bei der Fahrausweisprüfung der BVG mit einem 9 Euro-Ticket angetroffen werden, jedoch kein Ausweisdokument vorweisen können, wird sich das Prüfpersonal kulant verhalten und kein erhöhtes Beförderungsentgelt ausstellen.
Werena Rosenke: „Wir begrüßen die gefundenen innovativen Kulanzlösungen sehr und hoffen auf deren Weiterführung auch nach den drei Monaten! Wir raten den Einrichtungen der Wohnungsnotfallhilfe weiterhin zudem dringend, sich mit ihrem lokalen Verkehrsbetrieb darauf zu verständigen, wie sichergestellt werden kann, dass bei eventuellen Fahrkartenkontrollen nicht auf einer Ausweispflicht bestanden wird, so dass wohnungslose Menschen vollumfänglich von den Tickets profitieren – so wie vom Gesetzgeber intendiert.“