BAG Wohnungslosenhilfe begrüßt Gesetzentwurf zu menschenverachtender Gewalt

Verstärkte Ermittlungsbemühungen von Justiz und Polizei notwendig

Berlin, 10.07.2014. Gewalt gegen wohnungslose Menschen ist ein alltägliches Phänomen in unserer Gesellschaft. Menschenverachtende Motive der Täterinnen und Täter finden dabei viel zu häufig unzureichende Beachtung im Rechtssystem und in der Öffentlichkeit. Daher begrüßt die BAG Wohnungslosenhilfe, der bundesweite Dachverband der Wohnungslosenhilfe in Deutschland, einen aktuellen Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums zur Ergänzung des Strafrechts. Durch die angestrebte Ergänzung des § 46 des Strafgesetzbuches würde die strafverschärfende Berücksichtigung „menschenverachtender“ Beweggründe und Ziele der Täterinnen und Täter bei der Strafzumessung zukünftig ausdrücklich genannt werden.

Die BAG Wohnungslosenhilfe fordert darüber hinaus, dass bereits im Zuge polizeilicher und staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen mögliche menschenverachtende Motive bei Gewalttaten gegen wohnungslose Menschen systematisch berücksichtigt werden. Dies sollte daher in den entsprechenden Gesetzen, Verordnungen und Dienstvorschriften auf den jeweiligen föderalen und behördlichen Ebenen implementiert werden.

In diesem Zusammenhang erachtet die BAG Wohnungslosenhilfe auch eine verstärkte Fortbildung der verantwortlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Gericht, Staatsanwaltschaft und Polizei bezüglich Form und Ausmaß menschenverachtender Gewalt gegen wohnungslose und sozial ausgegrenzte Menschen für geboten. Auch mehr wissenschaftliche Forschung zu Ursachen, Vorkommen und Präventionsmöglichkeiten bezüglich dieser Gewalt und mehr zielgruppengerechte Beratungs- und Präventionsangebote für Opfer sowie Therapieangebote für Täter sind notwendig.

Bei den Gewalttaten gegen wohnungslose Menschen spielen nach Erkenntnissen der BAG Wohnungslosenhilfe menschenverachtende Motive häufig eine zentrale Rolle. Und dies auch dann, wenn die Täterinnen und Täter kein geschlossen rechtsextremes Weltbild haben oder nicht in rechtsextremen Zusammenhängen organisiert sind. Denn Vorurteile und Abwertungen gegenüber wohnungslosen Menschen kommen in breiten Schichten der Bevölkerung vor. Letzteres belegen vor allem auch die einschlägigen Studien des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung an der Universität Bielefeld.

Von 1989 bis 2012 sind nach Kenntnissen der BAG Wohnungslosenhilfe mindestens 195 wohnungslose Menschen durch Täterinnen und Täter getötet worden, die selbst nicht wohnungslos sind. Auch unter den mindestens 183 Todesopfern explizit rechter Gewalt seit 1990 sind ca. 20 Prozent wohnungslose Menschen.

 

Den Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums vom 28.04.2014 (RefE: Gesetz zur Umsetzung von Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages) finden Sie unter http://www.bmjv.de/DE/Ministerium/Gesetzarchiv/_node.html