Der Bundeswahlkampf beginnt – Die BAG Wohnungslosenhilfe mischt sich ein
Berlin, 06.04.2017. Der Bundeswahlkampf ist angelaufen. Mit dem heute veröffentlichten Aktionsprogramm Wahlen mischt sich die BAG Wohnungslosenhilfe aktiv in den Bundestagswahlkampf ein. Unter dem Titel „Wohnungslosigkeit überwinden!“ präsentiert der Bundesdachverband der Wohnungslosenhilfe ein Aktionsprogramm mit fünf zentralen Vorschlägen, wie einer der derzeit größten sozialen Problemlagen effektiv begegnet werden kann.
Es ist unbestreitbar: Die Eindämmung von Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit wird eine der großen sozialen Herausforderungen für die kommende Regierung. Ca. 540.000 Menschen in Deutschland werden 2018 über keinen mietrechtlich abgesicherten Wohnraum verfügen – Tendenz steigend. Der aktuelle Forderungskatalog der BAG W präsentiert intervenierende und vorbeugende Maßnahmen: So sollen Wohnungsverluste durch die Finanzierung des Aufbaus kommunaler Fachstellen, durch eine Förderung zur Akteursvernetzung von privaten Vermietern, Wohnungs- unternehmen und Wohnungslosenhilfe („Pro Wohnen“) und durch die verfassungsrechtliche Festschreibung des Rechts auf Wohnen reduziert werden. Außerdem fordert die BAG W, dass die soziale Wohnraumförderung nachhaltig gestärkt und in die Zuständigkeit des Bundes zurück überführt wird. Mit dem Förderprogramm „Von der Straße in die Wohnung“ sollen akut von Wohnungslosigkeit betroffene beim Schritt in die eigenen vier Wände unterstützt werden.
Zentraler Bestandteil der BAG W-Forderungen ist der seit Jahren von ihr angestrebte Aufbau einer integrierten Wohnungsnotfallstatistik: Hierzu Thomas Specht, Geschäftsführer der BAG W: „Eine verlässliche Dokumentation der bundesweiten Wohnungsnotfälle ist die Grundvoraussetzung für ein gut arbeitendes Hilfesystem. Nur so können regionale Problemlagen verlässlich ermittelt und strukturelle Fehlentwicklungen frühzeitig erkannt werden. Nur so kann auf den Ebenen der Sozialpolitik und der kooperativen Wohnungslosen- hilfe angemessen vorgesorgt und reagiert werden.“ Dass dieses Vorhaben zielführend sein kann, zeigen nicht zuletzt die guten Erfahrungen aus anderen Staaten und dem Bundesland Nordrhein-Westfahlen.
Bundesweit sollen vor den Bundestagswahlen Veranstaltungen unter dem Motto „Wohnungslose fragen – Politiker antworten“ stattfinden. In denen können Betroffene selbst ihre Sorgen und Nöte den Bundestagskandidaten und ‑kandidatinnen vortragen.
Beigefügt finden Sie das Aktionsprogramm „Wohnungslosigkeit überwinden!“ der BAG W, welches zum Download zur Verfügung steht.
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an:
- Werena Rosenke, Leitung Presse & ÖA, stellv. GF, (030) 28 44 537 - 11, (0151) 16 70 03 03, werenarosenke@bagw.de
Aktionsprogramm der BAG W zur Bundestagswahl 2017. Wohnungslosigkeit überwinden!
1. Soziale Wohnraumförderung durch den Bund stärken
Der Bund muss wieder Verantwortung in der Wohnungspolitik übernehmen.
Die Dezentralisierung auf die Länder durch die Föderalismusreform von 2006
erweist sich immer mehr als Fehlentscheidung. Deshalb fordern wir eine feste
Verankerung der Wohnungspolitik auf der Ebene des Bundes.
2. Den gesetzlichen Rahmen zur Verhinderung
von Wohnungsverlusten stärken
2.1 Ein Verfassungsrecht auf Wohnen ins Grundgesetz aufnehmen, und zwar
nach dem Vorbild des Artikels 47 der Brandenburgischen Landesverfassung:
Wohnen
(1) Der Staat ist verpflichtet, im Rahmen seiner Kräfte für die Verwirklichung des Rechts auf eine angemessene Wohnung zu sorgen, insbesondere durch Förderung von Wohneigentum, durch Maßnahmen des sozialen Wohnungs- baus, durch Mieterschutz und Mietzuschüsse.
(2) Die Räumung einer Wohnung darf nur vollzogen werden, wenn Ersatz- wohnraum zur Verfügung steht. Bei einer Abwägung der Interessen ist die Bedeutung der Wohnung für die Führung eines menschenwürdigen Lebens besonders zu berücksichtigen.
2.2 Bei der Übernahme von Schulden für Unterkunft und Heizung sollte – wie
im Sozialgesetzbuch XII – auch im Sozialgesetzbuch II die Möglichkeit einer
Leistungsgewährung als Beihilfe vorgesehen werde
2.3 Die Kürzungsmöglichkeit der Kosten von Unterkunft und Heizung im Rahmen der Sanktionierung von Pflichtverstößen – bei den Unter-25-Jährigen
sogar in verschärfter Form – ist ersatzlos zu streichen.
3. Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit Bedrohte zählen
Es ist eine gesetzlich verpflichtende, bundeseinheitliche geschlechts- differenzierte Wohnungsnotfallstatistik einführen (Bedrohte und Betroffene).
4. Wohnungsverluste verhindern
Wir fordern ein Förderprogramm zum Aufbau von kommunalen Fachstellen
zur Verhinderung von Wohnungsverlusten unter Beteiligung der Dienste der
Freien Wohlfahrtspflege mit Schwerpunkt im ländlichen Raum. Das Programm
sollte ein Volumen von insgesamt 50 Mio. Euro und eine Laufzeit von 4 Jahren
umfassen.
5. Wohnungslose mit Wohnungen versorgen
Ohne Wohnung ist alles nichts. Die Wohnungsversorgung geht an den wohnungslosen Menschen in Deutschland vorbei. Deshalb fordern wir:
5.1 Förderprogramm »Pro Wohnen«
Das Förderprogramm »Pro Wohnen« (Umfang: 40 Mio. Euro, Laufzeit: 4 Jahre)
soll Netzwerke von privaten Vermietern oder Wohnungsunternehmen mit Kommunen und freien Trägern fördern:
- zur Prävention von Wohnungsverlusten
- zur Erschließung von Wohnraum zur Vermietung an Menschen in Wohnungsnot
im privaten Vermietermarkt und im Bereich der organisierten
Wohnungswirtschaft
5.2 Förderprogramm »Von der Straße in die Wohnung«
Das Förderprogramm »Von der Straße in die Wohnung« (Umfang: 10 Mio. Euro, Laufzeit: 4 Jahre) soll wohnungslose Menschen, auch langzeitwohnungslose Menschen auf der Straße durch
- aufsuchende Hilfen auf der Straße,
- Akquise von Immobilien,
- und wohnbegleitende Hilfen
fördern.