Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe: Mehr Wohnungslose auf "Platte"

Wohnungslose ganz ohne Unterkunft sind größten Gefahren und Benachteiligungen ausgesetzt

Bielefeld, 22.12.04. Der Anteil der wohnungslosen Männer und Frauen, die direkt von der Straße aus, also "Platte" machend, bei der Wohnungslosenhilfe Unterstützung und Hilfe suchen, ist in den letzten fünf Jahren deutlich gestiegen und nähert sich damit wieder dem Niveau von vor zehn Jahren. 1993 lag dieser Anteil bei 33%, sank dann bis 1998 auf 23% und liegt aktuell bei 29%. Grundlage dieser Angaben ist die aktuelle Statistik der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W), die sich auf das Jahr 2003 bezieht.

Dieser deutliche Anstieg der Wohnungslosen, die "Platte" machen, ist besonders besorgniserregend, da diese Männer und Frauen den größten Gefahren und Benachteiligungen ausgesetzt sind:

  • Zwischen 1991 und 2004 sind mindestens 225 wohnungslose Menschen auf der Straße erfroren.
  • Regelmäßig werden Wohnungslose auf der Straße überfallen, misshandelt oder gar getötet: Allein in den 90er Jahren sind mindestens 107 Wohnungslose von zumeist jugendlichen Tätern getötet worden.
  • Ihnen wird mitunter rechtswidrig der Sozialhilfetagessatz gekürzt oder
  • nach wie vor rechtswidrig von zahlreichen Gemeinden die Unterbringung verweigert, wie eine aktuelle Untersuchung der Evangelischen Obdachlosenhilfe bestätigt.
  • Entgegen der gesetzlichen Regelung ist auch diesem Personenkreis häufig die Zahlung der Praxisgebühr bzw. die Zuzahlung zu Medikamenten und Anwendungen abverlangt worden.

Überproportional viele Kältetote in Kleinstädten und in den ostdeutschen Bundesländern

Die BAG Wohnungslosenhilfe appelliert angesichts der erhöhten Gefahr durch die frostigen Temperaturen, diese wohnungslosen Männer und Frauen ordnungsgemäß und menschenwürdig unterzubringen. Dieser Appell richtet sich vor allem an Kommunen im ländlichen Raum und an Klein- und Mittelstädte. Es ist auffällig, dass in den letzten Wintern überproportional viele Kältetote in Klein- und Mittelstädten und in den ostdeutschen Bundesländern zu beklagen waren.

Menschenwürdige und regelgerechte Unterbringung garantieren

Seit Jahren fordert die BAG W die Kommunen auf, von Massenunterkünften Abstand zu nehmen und statt dessen dezentrale Unterbringungsmöglichkeiten für jeweils nur eine kleinere Zahl von Betroffenen zu schaffen. Benötigt werden Unterkünfte, die ein Mindestmaß an Privatheit garantieren, in denen man sich auch tagsüber aufhalten kann und die ggf. auch noch nachts aufgesucht werden können. Es muss Schluss sein mit der rechtswidrigen Befristung des Aufenthaltes auf einen oder wenige Tage pro Monat. Die Stadtverwaltungen sollten telefonische Notrufe einrichten und die Bürgerinnen und Bürger auffordern, diesem Notruf sofort zu melden, wenn sie einen Wohnungslosen sehen, der in Gefahr ist, Opfer der Kälte zu werden.

Bielefeld, den 22.12.2004

PRM_2004_12_22_Zahlen.pdf