Verfassungsrecht auf Wohnen zur Verhinderung von Wohnungslosigkeit

Wohnungslosenhilfedachverband fordert Initiative Deutschlands in der EU-Ratspräsidentschaft

Bielefeld, 05.01.07. Die französische Regierung will ein Recht auf Wohnen einführen und damit die Wohnungslosigkeit abschaffen. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. (BAG W) fordert Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, dem französischen Beispiel zu folgen und in die deutsche Verfassung ein Recht auf Wohnen einzuführen, das den Wohnungsverlust verhindert.

„Es ist eines modernen Sozialstaats unwürdig, dass Menschen von dem Verlust ihrer Wohnung bedroht sind, wenn sie ihre Miete nicht mehr bezahlen können“, sagte Dr. Thomas Specht-Kittler, Geschäftsführer der BAG W.

Zugleich forderte die BAG W die Bundesregierung auf, sich auf europäischer Ebene im Rahmen Ihrer EU-Präsidentschaft für das Recht auf Wohnen einzusetzen.

Die BAG W schlägt als Kernregelung in der Verfassung u.a. vor, dass eine Räumung von Wohnraum darf nur dann vollzogen werden darf, wenn zumutbarer Ersatzwohnraum zur Verfügung steht. Einen ausführlichen Vorschlag zur verfassungsrechtlichen Absicherung der Wohnbedürfnisse wurde von der BAG Wohnungslosenhilfe e.V. 1992 der Verfassungskommission eingereicht, fand aber leider keine Berücksichtigung (vergl. ausführlichen Text im Kasten). Er beruhte auf einem Vorschlag des heutigen Außenministers Frank-Walter Steinmeier.

Für weitere Informationen zu diesem Thema steht Ihnen Herr Dr. Thomas Specht-Kittler gerne zur Verfügung: T. (05 21) 1 43 96 15, E-Mail: thomasspecht-kittler@bagw.de.

Anhang:

Vorschlag einer verfassungsrechtlichen Absicherung der Wohnbedürfnisse

„Abs. 1

Der Schaffung und Erhaltung von gesunden Wohnbedingungen für alle Menschen gilt die besondere Verantwortung des Staates. Er sorgt für eine vorausschauende, der Bedarfsentwicklung angepasste Erweiterung des Wohnraumangebots und die Schaffung von Wohnumwelten, die der zentralen Bedeutung der Wohnung für das menschliche Leben gerecht werden. Der Gesetzgeber bestimmt Inhalt und Grenzen der wirtschaftlichen Verwertung von Wohnraum, gewährleistet einen sozialen Kündigungsschutz und sorgt für einkommensgerechte Mieten.

Abs. 2

Bund, Ländern und Gemeinden obliegt die gemeinsame Sorge für die Wohnraumversorgung einkommensschwächerer Bevölkerungskreise. Sie fördern dazu einen sozialen Wohnungsbau sowie private und genossenschaftliche Initiative. Die ausreichende Schaffung von alters- und behindertengerechtem Wohnraum ist sicherzustellen.

Abs. 3

Eine Räumung von Wohnraum darf nur vollzogen werden, wenn zumutbarer Ersatzwohnraum zur Verfügung steht.“

Dieser Vorschlag wurde von der BAG Wohnungslosenhilfe e.V. 1992 der Verfassungskommission eingereicht, fand aber leider keine Berücksichtigung. Der Vorschlag basierte auf: Frank-Walter Steinmeier, Bürger ohne Obdach – Zwischen Pflicht zur Unterkunft und Recht auf Wohnraum-Tradition und Perspektiven staatlicher Intervention zur Verhinderung und Beseitigung von Obdachlosigkeit, VSH Verlag Bielefeld, 1992, S. 395

PRM_2007_01_05_Verfassungsrecht.pdf