Aktualisierung Kältetote (19.02.2010): Mindestens 16 wohnungslose Männer erfroren

Der wohnungslose Mann, der am Mittwoch, den 10. Februar tot auf einer Parkbank in Hannover gefunden worden war, ist jedoch an einem Herzinfarkt gestorben. Dies ist das Ergebnis der Obduktion.

Nach aktueller Kenntnis der BAG Wohnungslosenhilfe e.V. sind nunmehr mindestens sechzehn wohnungslose Männer erfroren. Seit dem Winter 1996 / 97 hat es nicht mehr so viele erfrorene Wohnungslose in Deutschland gegeben: Damals waren es mindestens 25 Tote.

Wir müssen aber von einer Dunkelziffer ausgehen, denn einige der Todesfälle sind nur aufgrund gezielter Anfragen der Presse an die Polizei bekannt geworden. D. h. nicht jeder Erfrierungsfall muss öffentlich werden.

Die BAG Wohnungslosenhilfe e.V. wiederholt ihren Appell: Kommunen und Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe müssen in dieser Situation verstärkt prüfen, ob die getroffenen Vorkehrungen ausreichend sind. Dies betrifft nicht nur Anzahl und Qualität der Notübernachtungsplätze. Benötigt werden u. a. großzügig geöffnete Tagesaufenthalte, Streetwork und alle weiteren Formen aufsuchender Hilfeangebote. Bürger müssen aufmerksamer denn je sein, damit niemand durch das Hilfenetz fallen kann.

In den letzten Jahren hatte es – in Relation zur geschätzten Gesamtzahl der Wohnungslosen – überproportional viele Kälteopfer in Klein- und Mittelstädten gegeben. In diesem Winter sind aber inzwischen auch neun Männer in den Großstädten Berlin, Mannheim, Ulm, Wuppertal, Hamburg und Münster erfroren.

Unsere wichtigsten Forderungen, formuliert in der Ausgangspressemitteilung vom 21.12. 09, sind in dieser Aktualisierung nochmals kurz zusammengefasst:

Die BAG Wohnungslosenhilfe e.V. bekräftigt ihre Appelle und Forderungen an die Kommunen:

• Keine menschenunwürdige Asyle, sondern Ermöglichung eines Mindestmaßes an Privatsphäre
• Dezentrale Unterbringungsmöglichkeiten für kleinere Gruppen von Wohnungslosen (auch mit Hunden)
• Schutz und Sicherheit vor Diebstahl und Gewalt
• Großzügige Öffnungszeiten der Unterkünfte (auch tagsüber und nachts)
• Keine Befristung des Aufenthaltes auf wenige Tage pro Monat
• Telefonische Notrufe bei denen gefährdete Menschen gemeldet werden können
• Öffnung von U-Bahnstationen, Bahnhöfen und anderen geeigneten öffentlichen Gebäuden
• Ausreichend viele (niedrigschwellige) Tagesaufenthalte
• Streetwork und andere Formen aufsuchender Arbeit aus- oder aufbauen

Die Kältetoten:

1. Am 04. 12. 09, Mann (55), auf dem Boxhagener Platz (Friedrichshain), der Mann verstirbt im Krankenhaus an Unterkühlung, Berlin
2. Am 15. / 16. 12. 09, Mann (62 J.), in einer Pfadfinder-Schutzhütte, Bendorf –Sayn (Rheinland-Pfalz)
3. Am 18. 12. 09, Mann (46 J.), in der Nähe einer Obdachlosenunterkunft, Lauchhammer (Brandenburg)
4. Am 19. 12. 09, Harrie G. (42 J.), hinter einem Gebüsch, Nettetal (NRW)
5. Am 19. 12. 09, Jürgen F. (46 J.), auf einer stillgelegten Gleisanlage, Mannheim (BaWü)
6. Am 20. 12. 09, Mann (58 J.), im Toilettenbereich des Bahnhofs, Altenburg, (Thüringen)
7. Am 20. / 21. 12. 09, Fritz A. (56 / 57 J.), unter dem Vordach eines Kindergartens, Ulm (BaWü)
8. Am 24. 12. 09, Hubert Plüsener (62), vor dem Bahnhof, Herzinfarkt und Lungenentzündung, fiel ins Koma und verstarb im Krankenhaus, Witzleben
9. Am 25. / 26. 12. 09, Mann (50 – 60 J.), im Eingang der ehemaligen Landwirtschaftshalle, Kaiserslautern (Rheinland-Pfalz)
10. Am 29. 12. 09, zwei Männer in Berlin: Boxhagener Platz und auf einem Friedhof in Wilmersdorf, Berlin
11. Zwischen dem 04 und 08. 01. 10, Mann (50 J. ), an seiner Schlafstelle unter einer Brücke an der B 7, war bereits mehrere Tage tot, Wuppertal (NRW)
12. Zwischen dem 04. und 06. 01. 10 (gefunden am 16. 01. 10), Mann (48 J. ), an seiner Schlafstelle auf dem Balkon eines leer stehenden Hauses, Mannheim (BaWü)
13. Ca. 15. 01. 10, Mann, im Gebüsch einer Kleingartenanlage in Pankow, Berlin
14. Ca. 18. 01. 10 (gefunden am 21. 01. 10), Klaus-Dieter B. (53 J. ), im Alten Elbpark beim Bismarck-Denkmal auf St. Pauli, Hamburg
15. Bereits am 10. 01. 10, Mann (45 J. ), in der Altstadt von Münster i. Westfalen (NRW)
16. Am 27. 01. 10, Mann (55 J.), im Iserlohner Stadtwald in seinem Schlafsack erfroren, Iserlohn (NRW), (wurde erst am 15. 02. von der Polizei bekannt gegeben)