30 Jahre FEANTSA – 30 Jahre länderübergreifende Wohnungslosenhilfe in Europa

Vor ziemlich genau 30 Jahren wurde FEANTSA – der europäische Dachverband der Wohnungslosenhilfe – gegründet. Dieses runde Jubiläum und die Ausrichtung der diesjährigen FEANTSA Policy Conference in Berlin hat die wohnungslos-Redaktion dazu bewogen, in der aktuellen Ausgabe Wohnungslosigkeit und die Arbeit der Wohnungslosenhilfe auf europäischer Ebene in den Fokus zu nehmen.

Als am 26. August 1988 eine Handvoll Engagierterer aus verschiedenen Wohnungslosenhilfeorganisationen der EWG-Mitgliedsstaaten in Paris zusammenkamen, um die Féderation Européenne d’Associations Nationales Travaillant avec les Sans-Abris zu gründen, konnten diese wohl kaum vorhersehen, dass sich die kleine Interessenvereinigung innerhalb von drei Jahrzehnten zu dem heute bedeutsamem EU-Dachverband entwickeln würde. Welche Verbindung dieser Prozess mit dem Schriftsteller Anatole France, dem Priester Abbé Pierre und der Französischen Revolution aufweist, können Sie in dem Artikel von Thomas Specht nachlesen. Als
Gründungsmitglied zeichnet er die Entstehungsgeschichte von FEANTSA nach.

Das European Observatory on Homelessness ist der „Forschungsarm“ von FEANTSA. Seit 1991 betreibt das EOH die wissenschaftliche Bearbeitung der Themen Wohnungslosigkeit und Wohnungsnot in Europa. Damit liefert es wesentliche Erkenntnisse und fördert den fachlichen- Austausch auf internationaler Ebene: Beobachtung und Forschung, Publikationen und Konferenzen. Der Koordinator des EOH, Volker Busch-Geertsema, gibt einen Einblick in die Arbeit seines Instituts.

Auf einem ganz konkreten Forschungsprojekt basiert der Artikel von Glen Bramley und Suzanne Fitzpatrick. Die beiden Wissenschaftler*innen der Universität Edinburgh überprüften mit statistischen Methoden die so oft gehörte These „Wohnungslosigkeit kann jede/n treffen“ auf ihren Wahrheitsgehalt. Die Ergebnisse ihrer Studie sind für Fachleute gewiss nicht überraschend, dennoch stellen sie bewährte und sicherlich gut gemeinte Erklärungsmuster grundlegend in Frage.

Grenzüberschreitende Migration stellt die Wohnungslosenhilfe in allen Ländern Europas vor neue Herausforderungen. Andreas Halatschew und Petra Schwaiger stellen das von FEANTSA koordinierte Projekt PRODEC vor. Dessen Ziel ist es, im Rahmen einer internationalen Vergleichsstudie die rechtlichen und administrativen Barrieren zu Sozialleistungen für Migrant*innen in ausgewählten EU-Mitgliedsländern zu eruieren, zu bewerten und – darauf aufbauen – dringend notwendige Empfehlungen für Betroffene zu erarbeiten.

Mit den Beiträgen von Eoin O’Sullivan und John Moulden widmen wir uns den Inhalten der FEANTSA-Konferenz 2018. Während uns der Erstgenannte als Hauptredner dankenswerterweise das überarbeitete Manuskript seines Vortrages zur Verfügung gestellt hat, in welchem er der Frage nachgeht, ob und unter welchen Voraussetzungen die Wohnungslosigkeit in Europa bis zum Jahr 2030 beendet werden kann, beschreibt „Coost“ die Fachtagung aus der Sicht eines Teilnehmenden, inklusive individueller Eindrücke und neuer Erkenntnisse.

Wir bedanken uns bei allen Autor*innen dieser Ausgabe für ihre Beiträge und wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen.

Paul Neupert
Fach- und Organisationsreferent, BAG W, Berlin