Verhinderung des Wohnungsverlustes ist die beste Hilfe

Bielefeld / Berlin, 09.11.2018.

„Verhinderung des Wohnungsverlustes ist die beste Hilfe“ – so lautet der Titel der elften bundesweiten Fachtagung der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) zur Prävention von Wohnungsverlusten. Die BAG W ist der Dachverband der Hilfen im Wohnungsnotfall in Deutschland.  An der Tagung,  die in Kooperation mit der Stadt Bielefeld, Bethel.regional und der BGW, des größten  Unternehmens der Immobilienwirtschaft in Ostwestfalen-Lippe stattfindet, nehmen 250 Teilnehmende aus dem gesamten Bundesgebiet teil.

Nach Schätzung der BAG W waren im Jahr 2016 860.000 Menschen  in Deutschland ohne eigenen mietvertraglich abgesicherten Wohnraum. In der Zahl von 860.000 sind 440.000 Geflüchtete ohne eigene Wohnung enthalten. Ca. 52.000 Menschen leben nach Schätzung der BAG W ohne jede Unterkunft auf der Straße. Da es in Deutschland keine offizielle Wohnungslosenstatistik gibt, nimmt die BAG W regelmäßige Schätzungen vor.

Seit 1990 ist der Bestand von Sozialwohnungen um fast 60 % geschrumpft und liegt in 2017 bei knapp 1,2 Mio. Bis 2020 werden weitere 130.000 Wohnungen aus der Sozialbindung fallen. Besonders groß ist der Mangel an bezahlbaren Kleinwohnungen, dies hat insb. in diesem Segment zu massiven Mietpreissteigerungen geführt.

In vielen städtischen Ballungsräumen haben fast 50 % der Haushalte einen Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein.

Menschen mit niedrigen Einkommen müssen einen überproportionalen Anteil ihrer Einkünfte für das Wohnen ausgeben: Haushalte in der Mindestsicherung wenden 44 % ihres Einkommens für die Wohnkosten auf, Niedrigeinkommensbeziehende ohne Transferleistungen 40%. Haushalte außerhalb der Mindestsicherung und des Niedrigeinkommensbereichs hingegen wenden im Schnitt 24 % ihres Einkommens für die Wohnkosten auf.

„Trotz dieser bedrohlichen Lage auf dem Wohnungsmarkt, fehlen nach wie vor in vielen Regionen systematische Maßnahmen zur Verhinderung von Wohnungsverlusten. Dies ist fatal. Nicht nur, aber insb. in Zeiten fehlenden bezahlbaren Wohnraums sind Präventionsanstrengungen unverzichtbar: Wer in dieser Situation die Wohnung verliert, wird für lange Zeit ohne eigene Wohnung bleiben und die verlorene Wohnung wird mit großer Wahrscheinlichkeit auch als bezahlbarer Wohnraum nicht mehr zur Verfügung stehen“, erklärte Werena Rosenke, Geschäftsführerin der BAG W.

Prominenter Gastredner ist Nordrhein-Westfalens Sozialminister Karl-Josef Laumann. Er berichtet über die Erfahrungen mit dem bundesweit einzigartigen Aktionsprogramm „Hilfen in Wohnungsnotfällen“ in NRW: „Ein Schwerpunkt ist die Prävention. Denn das beste Mittel gegen Wohnungslosigkeit ist, sie gar nicht erst entstehen zu lassen. Deshalb fördern wir Projekte, wo Menschen frühzeitig beraten und unterstützt werden, damit sie ihre Wohnung nicht verlieren. Erst kürzlich habe ich ein Projekt im Oberbergischen Kreis besucht. Dort wird der Träger ohne Umwege vom Amtsgericht über Räumungsklagen informiert. Durch eine intensive Zusammenarbeit von Jobcenter, Sozialamt, Amtsgericht und Wohnungslosenhilfe ist es in vielen Fällen gelungen, die Betroffenen vor Wohnungslosigkeit zu bewahren. Aber auch die Wohnungswirtschaft ist gefordert: Sie sollte Teile ihrer Bestände für wohnungslose oder von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen zur Verfügung stellen.“

Auch für Rosenke ist klar: „Je früher die Hilfe zum Wohnungserhalt ansetzen kann, desto erfolgreicher ist die Hilfe. Voraussetzung dazu ist der frühe Kontakt zu dem betroffenen Haushalt, aber natürlich auch die frühzeitige Ansprache des Vermieters.“

Zur Gewährleistung einer erfolgreichen Hilfe ist nach Meinung der BAG W die Bündelung der Zuständigkeiten in einer zentralen Fachstelle zur Verhinderung des Wohnungsverlustes notwendig sowie eine enge und fest vereinbarte Zusammenarbeit von kommunaler Fachstelle, Wohnungslosenhilfe, Vermietern und JobCentern.

Die BAG W erneuerte ihre Forderung an Bund und Länder, die Präventionsmaßnahmen vor Ort mit einem Förderprogramm zum Aufbau kommunaler Präventionsstellen wirksam zu  flankieren.

Rosenke: „Mit dieser Tagung werben wir für präventive Maßnahmen zur Verhinderung von Wohnungsverlusten und stellen gute Modelle vor. Entscheidend ist, dass es eine funktionierende Kooperation zwischen Kommune, Wohnungswirtschaft, privaten Vermietern und freien Trägern der Wohnungslosenhilfe gibt – damit Menschen ihre Wohnungen nicht verlieren.“