„Die Entdeckung Bahnhof“ – Wer nicht konsumiert muss raus?! - Plakataktion für das Aufenthaltsrecht Wohnungsloser in den Bahnhöfen

Berufungsverhandlung: BAG Wohnungslosenhilfe sieht sich gezwungen, Antrag auf Einstweilige Anordnung gegen die Deutsche Eisenbahn-Reklame zurückzuziehen

Im Streit um die Plakataktion der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. (BAG W) gegen die Vertreibung Wohnungsloser aus den Bahnhöfen hat die BAG sich heute dafür entscheiden müssen, ihren Antrag auf Einstweilige Anordnung gegen die Deutsche Eisenbahn-Reklame GmbH, einer 100%igen Tochter der Bahn AG, zurückzunehmen. In der heutigen Berufungsverhandlung vor dem Oberlandesgericht wurde deutlich, dass das Urteil vom 21. März keinen Bestand haben würde. In dieser Situation sah sich die BAG Wohnungslosenhilfe, als gemeinnütziger Verein mit begrenzten finanziellen Ressourcen gezwungen, ihren Antrag zurückzunehmen, um die Kosten des Verfahrens so gering wie möglich zu halten.

Trotz dieser für die BAG W bedauerlichen Entscheidung ist es in der Sache, dem Protest gegen die Vertreibung Wohnungsloser aus den Bahnhöfen, wichtig gewesen, in erster Instanz die Plakatierung der bahnkritischen Plakate erstritten zu haben. Damit konnte das öffentliche Augenmerk und die öffentliche Diskussion auf den Versuch der Bahn AG gelenkt werden, ihr missliebige Personen aus den Bahnhöfen zu vertreiben.

Mit der heute notwendig gewordenen Rücknahme des Antrags auf Einstweilige Anordnung hat die BAG allerdings nicht ihre Rechtsauffassung aufgegeben: Trotz privatwirtschaftlicher Organisationsform ist die Grundrechtsbindung der Bahn AG gegeben. Diese schützt nach Auffassung der BAG W und des von ihr im Rahmen der Aktion in Auftrag gegebenen Rechtsgutachtens auch den allgemeinen diskriminierungsfreien Zugang zu den Bahnhöfen: Art.11GG garantiert das Recht auf Freizügigkeit.

Am 21. März d. Jahres hatte das Landgericht Kassel dem Antrag auf Einstweilige Anordnung statt gegeben. Gegen diese Entscheidung hatte die Deutsche Eisenbahnreklame GmbH Berufung eingelegt.

Bahnhöfe müssen gerade im Winter offen bleiben

In diesem Winter sind bereits zwei wohnungslose Menschen erfroren: Eine Frau in Sachsen-Anhalt, ein Mann in Nordrhein-Westfalen. Die BAG W appelliert deshalb eindringlich an die BAHN AG, Wohnungslose nicht vom Bahnhofsgelände und nicht aus den Bahnhöfen zu vertreiben. Dies kann im Einzelfall lebensrettend sein.

Die Bahnhöfe sollen zwar nicht zu „Wärmestuben“ werden – das wäre keine bedarfsgerechte Hilfe, aber die Bahn steht nach Meinung der BAG W sehr wohl in der Pflicht zu verhindern, dass wohnungslose Menschen zu Opfern der Kälte werden.

Bielefeld, 20.12.02

Die Plakatmotive sowie die bisherigen Pressemitteilungen zur Aktion und das von der BAG W in Auftrag gegebene Rechtsgutachten können Sie auf der BAG Aktionswebsite einsehen: www.die-entdeckung-bahnhof.de